Am Beginn des 18. Jahrhunderts gründet ein rühriger Herr von Sprinzenstein, Franz Ferdinand Otto, eine Industrieansiedlung im Tal der Schwarzen Aist und nennt sie „Sprinzenthal“. Der Abbau von Eisenerz will nicht rentieren, aber Papiermühle, Hofmühle, Bäckerei, sogar ein Schloß werden gebaut. Und ein Brauhaus first things first!

Oben auf dem Berg überm Tal entsteht eine Häuserzeile, der „Spinnstock“, dessen Name sich nicht in erster Linie von der geistigen Verfassung der Bewohner herleitet. Vielmehr verdankt der Name sich dem untadeligen Handwerk des Garnspinnens.

Nach dem Tode des Sprinzensteiners erwirbt ein Herr von Hoheneck, Georg Adam, Dorf und Drumrum. Georg Adam benennt die Siedung um in „Brixenthal“. Dieses nach seinem Sohn, den er schon vorher Briccius getauft haben muß. Das war vermutlich auch damals und selbst in Adelskreisen eine Gemeinheit. (Ein paar verschiedene Sanct Brictius finden sich in Heiligenlexika und ein Heiliger Briccius in kärntner Sagen; einer von denen hat sich gewiß um den Namen des südtirolischen Brixen verdient gemacht.)

Aus „Sprinzenthal“ wird also „Brixenthal“, aber nicht für lang.

Gut dreißig Jahre später steht die Herrschaft Brixenthal zur Versteigerung, den Zuschlag erhält Graf Harrach, Ferdinand, und das Dorf heißt dann endlich „Harrachsthal“ und dabei bleibt's, auch als die Kinskis, Fürsten, den Besitz erheiraten.

Die Schwarze Aist, im Oberlauf zu Schwemmteichen aufgestaut (die nach wie vor existieren) diente späterhin als Wasserweg für den Holztransport. Das Holz wächst noch immer, der Transport geschieht auf anderen Wegen. Der überwiegenden Teil davon des Holzes, nicht der Wege gehört nach wie vor Kinsky Nachf., die für die zweifelhaften Methoden der Besitzaneignung ihrer Vorfahren aus versunkenen Jahrhunderten ja nicht verantwortlich gemacht werden können. Ob Heiraten zu den „zweifelhaften Methoden“ gerechnet werden muß, möge der geneigte Leser nach eigener Erfahrung selbst entscheiden.

An einer gangbaren Verbindungen nach Böhmen gelegen, hatte das Dorf seine bescheidene Blüte.Heute tendiert die wirtschaftliche und wirtschaftsstrategische Bedeutung Harrachstals inzwischen ohne „h“ im „-thal“ gegen Null. Die Anzahl der verbliebenen alten und der wenigen neu hinzugekommenen Gebäude ist zählbar, die der Bewohner ebenfalls.

Je nach Blickwinkel wandelt mancher scheinbare klimatische und infrastrukturelle Nachteil 800m über NN sich zum Vorteil. So möge die natürliche Barriere der letzten Steigung hinter dem Dorfe St. Oswald, oder die ein andre kleine Wirtschaftskrise, gnädig verhindern, daß der Befall mit baumarktinduzierten Achitekturwarzen bis hierher metastasiere.

Denn: Schön ist es hier, bevölkert von einer freundlichen, keltisch-slawischen Mischrasse mit huzulischen, kalmückischen und et cetera Beimengungen; mit allem drin halt, was hier im Laufe der Jahrhunderte zu- und durchgewandert ist und heute den bajuwarisch-rundschädeligen Menschentypus ausmacht.

Harrachstal ist übrigens Teil der Marktgemeinde Weitersfelden, die eine eigene Heimatseite betreibt. Dortselbst findet sich seriöse Information. Dieser Text entbehrt des finstern Ernstes und mit Absicht.

Thomas Hölzl